Der Regen wird an die Schiffswand gepeitscht, die See ist rau und die Wellen etwa vier Meter hoch – da werden wir jäh aus dem Schlaf gerissen: der Captain richtet eine Durchsage an alle Passagiere, und das um 6:50 Uhr. Es gibt einen medizinischen Notfall an Bord und der betroffene Patient wird von einem Hubschrauber der British Coast Guard abgeholt und ins nächst gelegene Krankenhaus geflogen. Der Captain bittet deshalb darum, dass alle Passagiere in ihre Staterooms zurückkehren und auch auf jegliches Fotografieren und/oder Filmen verzichten. Meine Güte, zum Glück sind nicht wir die Leidtragenden, aber wie wenig braucht es, um in eine solche Situation zu geraten. Ob es wohl um die ältere Frau geht, die sich nach dem Southampton-Ausflug in der Gangway hinsetzen oder besser legen musste, bis sie dann nach längerer Zeit wieder aufstehen konnte? Wir wissen es nicht und sind darüber nicht einmal unfroh. Wir liegen reglos im Bett und warten der Dinge, die da kommen werden – aber nichts geschieht. Bis sich der Captain wieder meldet und uns für die excellent cooperation dankt, die Rettungsaktion habe erfolgreich abgeschlossen werden können. Ob der Hubschrauber überhaupt gelandet ist? Vielleicht wurde der Patient ja mit einer Seilwinde hochgezogen, wir haben auf jeden Fall nichts gehört und auch überhaupt keine Erschütterung wahrgenommen.
Um uns selber zu ertüchtigen und solche Notfalleinsätze gar nicht erst nötig werden zu lassen entscheiden wir uns nach dem Frühstück für eine viermalige Umrundung des Schiffs und nehmen uns vor, ab sofort jeden Tag noch eine weitere Runde dran zu hängen. Dafür eignet sich Deck 7 sehr gut, zwei Runden entsprechen 1.1 km und der Weg führt uns an Restaurants vorbei, die wir zuvor noch gar nicht gesehen haben.

Wir sind allerdings nicht alleine, neben wahrhaftigen Joggern im professionellen Trainingsanzug treffen wir auf viele Morgenspaziergänger. Der Wind bläst wie immer heftig, aber die Temperaturen sind auch jetzt im angenehmen Bereich zwischen 15 und 17 Grad Celsius.



Als wir an den Ersatz-Schiffsschrauben vorbeikommen fragen wir uns, warum diese denn jemals ausgetauscht werden müssten und wie in aller Welt es möglich sein soll, dies zu tun if needed, denn jedes einzelne Teil wiegt 4.5 Tonnen.

Für elf Uhr haben wir Tickets fürs Planetarium, also stellen wir uns in die lange, lange Schlange und warten auf Einlass zwischen Jupiter und Merkur.

Das ist allerdings nicht ganz richtig: die Schlange ist zwar 5 km lang, da sich Verena aber schon etwa um halb elf hingestellt hat, überhole ich die Anstehenden und reihe mich mit ihr ganz vorn ein. So geht das. Nützt bloss nichts, denn im Planetarium gibt’s offenbar ein Tonproblem und es wird für den Rest des Tages ausser Betrieb genommen. Da wir ja aber den ganzen Tag Zeit haben um anzustehen und aus dem Fenster zu gucken stört uns das nicht, versuchen wir’s halt an einem anderen Tag wieder. Ich schaffe es aber nicht, am „Connexions“-Room vorbeizuspazieren, ohne mir nun doch ein Internet-Package anzuschaffen und blättere 45$ für zwei Stunden hin. Und wie ich dann gleich feststelle, ist die Verbindung rasant schnell und sehr zuverlässig, allerdings nur in public areas und nicht vom Stateroom aus, wo die Verbindung fast gar nicht möglich ist. Auf dem Weg zurück, in dem langen Korridor, in dem Monopoly und andere Spiele gespielt werden können, steht nun auch ein Schach und ich kann es nicht lassen, Verena in ein paar Minuten vom Brett zu fegen.
Draussen stürmt und regnet es oft, dann scheint wieder kurz die Sonne, überhaupt wechselt das Wetter sehr oft und schnell, nur die See scheint immer etwa gleich hohe Wellen zu haben (zwischen zwei und vier Metern),

welche die QM2 aber wegsteckt, als wäre da nichts. Manchmal haben wir den Eindruck, in einem Hotel an Land zu sein. Es ist ein eher müder Tag und wir verpflegen uns in der Fresshalle auf Deck 7, bevor ja auch schon wieder ein Bier um vier mit Max und Annnemarie im King Lion’s Pub ansteht, das wie bisher immer recht lustig ist. Zur gleichen Zeit hätte es die Möglichkeit gegeben, unserem Captain in einem Empfang die Hand zu schütteln und ihm anerkennend auf die Schulter zu klopfen, aber derlei Veranstaltungen sind nicht so unser Ding, gemütlich zusammensitzen liegt uns eher. Leider ist die Zeit immer knapp bemessen, in der CS wird man um 18:00 Uhr aus der Sushi-Bar hinauskomplimentiert und hier muss man sich bis dahin in Schale geworfen haben, denn es steht wieder einmal ein Gala-Abend bevor – und wir wollen ja bekanntlich immer zu den Ersten gehören.



Ein echtes Highlight ist dann die Bibliothek, die wir kurz vor 21 Uhr aufsuchen, um von dort den Blog abzuschicken, da wir ab jetzt ja an die Welt angebunden sind. Eine kolossal luxuriöse Umgebung empfängt uns dort in der Form unzähliger beleuchteter Bücherschränke aus Rosenholz (oder Kunststoff?), die Räume sind fast leer und es wird nur gehaucht und geflüstert. Dazu wird jetzt noch geklappert, da mein Tagebuchtext hier noch mit den Fotos verquickt werden muss, bevor die Post dann ab geht zum Satelliten.


Weil alles so reibungslos klappt und es auch noch gar nicht so spät ist, gönnen wir uns noch ein letztes Glas,


bevor wir beglückt, aber müde ins Bett sinken.